Auf SPAC folgt PIPE – eine neue Chance für Investoren

  • Desiree Sauer
  • Lazard AM

MÜNCHEN – SPAC-Investments sind im Trend. Während das Interesse an den Special Purpose Acquisition Companies dank einzigartiger Eigenschaften und reger Aktivität gerechtfertigt ist, sind viele Investoren bislang kaum mit den nicht minder aussichtsreichen Möglichkeiten der PIPEs vertraut, wie Desiree Sauer von Lazard AM betont.

„Ohne PIPE kein SPAC – um Deals zu realisieren, nimmt die überwiegende Mehrheit der SPACs zusätzliches Kapital in Form von PIPEs auf. Insofern ist der Kapitalbeschaffungsprozess mittels Private Investment in Public Equity (PIPE) fast identisch mit dem Prozess bei traditionellen IPOs, mit einer wichtigen Ausnahme: Der Zugang zu PIPEs steht nur einer ausgewählten Gruppe institutioneller Investoren offen.

Bevor die Chancen und Risiken für PIPE-­Investoren im weiteren Verlauf beleuchtet werden, konzentrieren wir uns zunächst auf den Kontext: SPAC steht für Special Purpose Acquisition Company. Es handelt sich dabei um börsennotierte Mantelgesellschaften ohne eigenen Geschäftsbetrieb. Sie verfolgen nur ein Ziel: ein privates Unternehmen mittels Fusion an die Börse zu bringen. SPACs stellen vor dem Börsengang Eigenkapital zur Stärkung der Bilanz bereit und werden durch die Fusion effektiv zum operativen Unternehmen. Das Zielunternehmen ist zunächst nicht bekannt, daher werden SPACs auch gerne – irrtümlich – als „Blankoscheckgesellschaften“ bezeichnet.

Der SPAC-Prozess beginnt mit dem SPAC-Börsengang. Da ein SPAC zunächst nur eine Hülle ohne eigene Geschäftstätigkeit ist, müssen nur einfache regulatorische Hürden überwunden werden. Das von Investoren eingesammelte Geld wird in einen Treuhandfonds eingezahlt. Die Sponsoren haben dann in der Regel zwei Jahre Zeit, um ein Zielunternehmen zu finden und mit diesem zu fusionieren. Gelingt es ihnen nicht, innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens eine Einigung zu erzielen, müssen sie das Geld plus Zinsen an die Aktionäre zurückzahlen.

Die von SPACs aufgebrachten Anfangserlöse decken jedoch typischerweise lediglich 25 bis 35 Prozent des Finanzierungsbedarfs. Die Finanzierungslücke wird durch sogenannte PIPEs geschlossen. Investoren erhalten Aktien zu einem vereinbarten privaten Preis und können einerseits von der Preisdifferenz zwischen den Privatplatzierungsaktien und den De-SPACing-Aktien und andererseits vom etwaigen Wertzuwachs im weiteren Zeitverlauf profitieren.

PIPE-Investitionen sind, im Gegensatz zu SPAC-Investitionen, nur auf Einladung möglich. Potenzielle PIPE-Investoren werden „over the Wall“ gebracht, wodurch sie privaten Zugang zum SPAC-Sponsor, zum Managementteam des Zielunternehmens und zum Datenraum erhalten. Der Datenraum enthält typischerweise eine Investorenpräsentation, historische Finanzdaten und Managementprognosen. Der Due-Diligence-Prozess dauert bis zu vier Wochen, wobei davon ausgegangen wird, dass Investoren mit „Over the Wall“-Zugang im Besitz wesentlicher nichtöffentlicher Informationen sind. Daher sind diese vom Handel mit Aktien der SPAC, welche die Akquisition verfolgt, ausgeschlossen.

Lukrativer Wissensvorsprung

Nachdem ausreichend PIPE-Kapital bereitgestellt wurde, gibt das SPAC seine Übernahme bei der US-Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (SEC) bekannt, denn ein Großteil der SPACs ist an US-Börsen gelistet. Anschließend gibt das SPAC den Inhalt des Datenraums frei, der zuvor nur für PIPE-Investoren zugänglich war. Zu diesem Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass die PIPE-Investoren nicht mehr im Besitz wesentlicher nichtöffentlicher Informationen sind, denn alle Informationen – zum Beispiel die Ankündigung der Übernahme oder die Finanzdaten aus dem Datenraum – wurden inzwischen veröffentlicht.

Gleichzeitig gibt das SPAC die Größe und die Quelle der PIPE-Finanzierung bekannt. Das Ziel ist, die Namen angesehener langfristiger Fundamentalinvestoren hervorzuheben, welche die Transaktion durch die Zusage von Kapital validiert haben. Dieser Schritt unterstreicht die entscheidende Rolle der PIPE-Investoren, die nicht nur aus finanzieller Sicht entscheidend für den Abschluss der Transaktion sind, sondern als die ersten Investoren der Trans­aktion auch ihren Stempel aufdrücken.

Spannend für Investoren

Aus Sicht von Lazard sind PIPEs für Anleger derzeit insbesondere aus zwei Gegebenheiten interessant. Zum einen profitieren potenzielle PIPE-­Investoren von Informationsasymmetrien, denn sie haben ja die Möglichkeit, eine „Over the Wall“-Due-Diligence durchzuführen. Die breite Investorenaufklärung beginnt erst nach Ankündigung der Transaktion. Zum anderem herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, denn das Rekordniveau der SPAC-Kapitalaufnahme wurde nicht mit erhöhtem PIPE­Kapital gedeckt.

Laut SPAC-Research sind momentan 429 SPACs mit 129,3 Milliarden US-Dollar im Treuhandvermögen auf der Suche nach geeigneten Zielunternehmen. Die große Anzahl stärkt die Verhandlungsmacht von potenziellen PIPE-Investoren: Waren diese traditionell Preisnehmer für Deals, sind sie zunehmend zu Preissetzern geworden.

PIPE-Investments sind allerdings nicht risikofrei; Anleger von PIPEs sind dem Aktienkursrisiko ausgesetzt. Nach erfolgreichem Börsengang trägt der Investor das Risiko einer negativen Aktienkursentwicklung. Eine gründliche Due Dilligence und die Auswahl von hochqualitativen Unternehmen sind daher der Schlüssel einer erfolgreichen Anlage. Darüber hinaus sind PIPE-Investoren dem Risiko ausgesetzt, dass kein Deal zustande kommt, denn jede Akquisition, die das SPAC vorschlägt, unterliegt der Genehmigung durch seine SPAC-Aktionäre.

Neue Spielregeln

Mit dem Boom von SPACs ist auch die Kritik gewachsen. Da sind einerseits die enttäuschenden Ergebnisse bei manch einem Unternehmen, das via SPAC an die Börse kam, andererseits Skandale wie beim Wasserstoff-Lkw-Hersteller Nikola – sowie ein übersättigter Markt.

Die SEC hat sich bereits eingeschaltet. Sie warnt vor den Finanzprognosen, die im Zuge der PIPE-Kapitalbeschaffung bereitgestellt werden, und stellt bestimmte Rechnungslegungspraktiken von SPACs in Frage. Zukünftig sollen, unter anderem, die Gewinnprognosen eingeschränkt oder sogar ganz verboten werden. Die neuen Richtlinien der SEC könnten aus Sicht von Lazard ein positives Signal setzen. So tragen diese dazu bei, das Vertrauen der Investoren zu stärken und letztendlich die Akzeptanz des Investment­vehikels zu erhöhen. Auch werden weniger reife Unternehmen voraussichtlich davon abgehalten, SPACs als Mittel für den Börsengang zu nutzen.

Ein Investment in ein diversifiziertes PIPE-Portfolio – mit Beimischung von SPACs – ist aus Sicht von Lazard für jene Investoren interessant, die Private Equity light suchen, das heißt Private-Equity-ähnliche Renditen mit einer deutlich kürzeren Kapitalbindung. Insbesondere für (semi-)institutionelle Investoren, die nach Alternative Investments suchen und ein gewisses Risiko aushalten können, könnte dieses Vehikel attraktiv sein.

Aktives Management ist auch hier der Schlüssel zum Erfolg. Denn es erfordert eine gründliche Analyse dieser Investmentvehikel, um zwischen Hype und einer attraktiven Investmentgelegenheit unterscheiden zu können. Ein erfahrenes Investmentteam wie das von Lazard Asset Management kann eine tiefgreifende Due Diligence durchführen, Risiko und Ertrag bewerten und Kapital für die attraktivsten Gelegenheiten bereitstellen.“

Desiree Sauer ist Investmentstrategin im Marketing-Services-Team von Lazard Asset Management in Frankfurt am Main. Im Bereich Asset-Management ist sie seit 2015 tätig. Sie hat einen Master in Financial Economics von der Erasmus-Universität Rotterdam und einen Bachelor-Abschluss in Volkswirtschaft von der Universität zu Köln.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in TiAM – Trends im Asset Management 03/2021
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